Stammesdenken, Täuschung und die Kunst des verschwindenden Elefanten: Warum unser Gehirn manchmal lieber auf Magier als auf die Realität hört.

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Es gibt diesen berühmten Moment, in dem man einem Magier zuschaut, der vor den Augen des verblüfften Publikums einen Elefanten verschwinden lässt. Ein Elefant! Weg! Puff! Da fragt man sich: „Hab ich gerade einen geistigen Blackout? Wieso sehe ich das Tier nicht mehr?“

Doch was, wenn ich Ihnen sage, dass dieses Phänomen nicht nur auf der Bühne, sondern auch in unserem Alltag auftritt – wenn auch in weitaus weniger spektakulären Szenarien (und weniger Elefanten). Der Mensch, so scheint es, ist von Natur aus darauf programmiert, sich mit einem verschwundenen Elefanten abzufinden, solange es seiner Stammeszugehörigkeit dient.

Willkommen in der Welt des Stammesdenkens, wo Fakten und Tatsachen blitzschnell dem Wohl der Gruppe geopfert werden.

Genau dieses Verhalten beschreibt James Clear in „Die Ein-Prozent-Methode“, wenn er erklärt, wie wir Menschen bereit sind, die Realität zu leugnen, nur um nicht aus dem warmen, kuscheligen Kokon unserer sozialen Gruppe geworfen zu werden.

Die Realität? Ach, wer braucht die schon!

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Theater, und der Magier kündigt an: „Ich werde gleich diesen Elefanten verschwinden lassen (was ein guter Illusionist so nie machen wird).“ Sie sehen die gigantische Kreatur, sie riechen sie (weil, na ja, Elefanten halt). Der Magier winkt dramatisch mit den Armen, und auf einmal ist der Elefant… weg! Sie wissen, dass der Elefant eben noch da war. Ihre Sinne sagen Ihnen: „Warte mal, da stimmt was nicht.“ Aber dann fangen Sie an, sich umzuschauen. Ihre Freunde applaudieren begeistert, Ihr Partner schaut begeistert drein, und die Person hinter Ihnen ruft: „Das ist unglaublich!“

In diesem Moment passiert etwas Interessantes. Anstatt zu sagen: „Hey, Leute, seid ihr verrückt? Der Elefant war doch gerade noch da!“, neigen viele von uns dazu, innerlich die Schultern zu zucken und mit einem schwachen Lächeln mit zuwinken. Warum? Weil das Stammesdenken stärker ist als die Realität. Wenn die Gruppe sich einig ist, dass der Elefant nicht mehr existiert, dann gibt es ihn auch in Ihrem Kopf nicht mehr. Ihre individuelle Wahrnehmung wird der Gruppenzugehörigkeit untergeordnet. Das Gehirn hat ein erstaunliches Talent, Dinge zu „sehen“, die nicht da sind, oder Dinge zu ignorieren, die offensichtlich sind, solange es nur den sozialen Frieden wahrt.

Magie, Stammesdenken und das Wurstbrot

Stammesdenken ist im Prinzip nichts anderes als ein großes, kollektives Wurstbrot: Sie wissen, dass das Brot schon etwas gammelig aussieht, aber alle anderen beißen fröhlich hinein. Und so zwingen Sie sich auch, das Wurstbrot zu essen, weil Sie kein Spielverderber sein wollen. Doch warum tun wir das? Evolutionär betrachtet ist es schlichtweg sicherer, mit der Herde zu gehen, als gegen sie. Im Rudel haben wir Schutz, Sicherheit und das Gefühl, dazuzugehören.

Die große Show des Lebens: Täuschung überall.

Aber Zauberkunst ist nur die Spitze des Eisbergs. Das Stammesdenken findet sich überall. In politischen Diskussionen, im Büro, in der Familie. Wenn wir auf der Arbeit sitzen und unser Chef einen völlig absurden Plan präsentiert, der augenscheinlich katastrophal enden wird, nicken wir oft still und klatschen höflich, während in unserem Inneren eine sirenenartige Stimme schreit: „Das ist Wahnsinn!“

Stammesdenken ist, wenn Sie wissen, dass der Vorschlag Ihrer Freunde, nachts im Wald nach „verlorenen Schätzen“ zu suchen, so enden wird, dass Sie am Ende den Mücken als Buffet dienen – aber Sie tun es trotzdem, weil Sie dazugehören wollen. Sie wissen, dass der Elefant da ist, aber Sie tun so, als ob er nicht existiert.

Und jetzt? Der große Schlussakt.

Wie entkommen wir diesem Dilemma? Nun, die bittere Wahrheit ist: Oftmals tun wir es nicht. Unsere Vorfahren haben gelernt, dass es besser ist, sich in der Gruppe zu irren, als allein recht zu haben.

Doch vielleicht liegt der Trick darin, sich manchmal an den verschwundenen Elefanten zu erinnern. Vielleicht sollten wir uns ab und zu die Frage stellen: „Warte mal, ist das wirklich real? Oder bin ich gerade Teil der Show?“ Das könnte der erste Schritt sein, um nicht immer wieder in die gleichen Täuschungen zu tappen. Schließlich haben wir nur dieses eine Leben – und wer weiß, vielleicht ist der Elefant ja doch noch irgendwo da.

Natürlich dürfen wir nicht vergessen das der Zauberkünstler die Anfälligkeit unserer Wahrnehmung nur „ausnutzt“ um uns zu unterhalten, eine gute Zeit zu haben, unsere Sorgen zu vergessen, zu staunen wie wir es als Kinder noch konnten. Denken Sie mal über die Werbebranche, die Politik, Medien oder die letzten Jahre und die aktuelle Zeit nach … oder noch besser statt nachzudenken sollten wir vielleicht vordenken und bei einer guten Zaubershow dürfen Sie das natürlich auch. Meine Empfehlung wäre, aber wenn Sie die Gelegenheit haben eine einzigartige Zaubershow sehen zu können legen Sie Ihre Vorbehalte ab und genießen sie die magischen Momente denn wie sagte Wolfgang Goethe einst: Das Höchste wozu der Mensch gelangen kann ist das Erstaunen.